Haus Loburg | Coesfeld | Interview mit Sophia Prinzessin zu Salm-Salm
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Haus Loburg
© Münsterland e.V./Philipp Fölting
Sophia Prinzessin zu Salm-Salm im Interview
Haus Loburg

„In Loburg ist alles ein bisschen anders“

Geschichten aus viereinhalb Jahrhunderten umranken das Haus Loburg in Coesfeld – und existiert hat der Adelssitz vermutlich schon, als Karl der Große herrschte. Heute ist Loburg das Zuhause der Familie von Sophia Prinzessin zu Salm-Salm, die vom Wandel des Ortes zu berichten weiß. Mit einem eigenen Hofladen hat sie sich im Herbst 2022 einen langgehegten Traum erfüllt: Gleich gegenüber des Hauses bietet sie unter anderem regionales Gemüse und Dinge ausgewählter Manufakturen an. Im Interview spricht Sophia Prinzessin zu Salm-Salm über bewegende Zeiten, eine nie endende Baustelle und den Umgang mit Traditionen. 

Mut zum Wiederaufbau

Prinzessin zu Salm-Salm, die Geschichte von Haus Loburg reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Wie gelangte es 1912 in Ihre Familie? 

Unser Stammsitz ist die Wasserburg Anholt in Isselburg. Der Erstgeborene blieb damals dort, und für Franz, den zweiten Sohn, wurde Loburg als sogenannte Abfindung eines weichenden Erbens gekauft. Er war der Großvater meines Mannes. Wir Salms leben seit 120 Jahren hier, einige Bauern aber deutlich länger. Für den Coesfelder Paohlbürger sind wir frisch hinzugezogen. 

Franz Prinz zu Salm-Salm und seine Ehefrau Maria-Anna mussten erleben, wie Haus Loburg bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde. Was wissen Sie darüber? 

Das Krankenhaus war zuvor in die Loburg ausgelagert worden, weil der Standort in der Stadt als gefährdet galt. Warum die Engländer im März 1945 die Loburg mehrmals bombardierten, kann niemand sagen. Das Haupthaus war am Ende komplett abgebrannt, vom Torhaus standen zumindest noch die Randmauern. Die Kapelle hatte als einziger Gebäudeteil noch ein Dach und bedeutet uns auch deshalb viel. 

Die Großeltern Ihres Mannes entschieden sich, Haus Loburg neu zu errichten. 

Es ging ihnen um den Wiederaufbau ihrer Heimat. Sie fingen mit dem Torhaus an, exakt so, wie es ehedem dort gestanden hatte. Später sollte das Haupthaus folgen, wozu es allerdings nie gekommen ist. Auf der Terrasse meißelten sie in einen Stein: "Zerstört und wiederaufgebaut 1948". Mich bewegt sehr, dass sie trotz ihrer besonderen persönlichen Situation den Mut dazu fanden. Sie standen vor dem Nichts und waren beide über 60, ein damals durchaus höheres Alter. Ihre Tochter wohnte weit weg in Berlin, ein Sohn war im Krieg gefallen, ein anderer Sohn - mein Schwiegervater - war in der Kriegsgefangenschaft. Als der Wiederaufbau begann, hatten sie von ihm noch kein Lebenszeichen erhalten. 

Ist dieser Mut Ihrer Vorfahren das, was Sie an der Historie am meisten beeindruckt? 

Zum einen ja. Zum anderen war das Haus immer eine Art Fliehburg und Zentrum intensiver Hilfsbereitschaft unter den Nachbarn. Dieser Halt zieht sich durch alle Zeiten. Hätte ich irgendein Problem, wäre nach nur einem Anruf jemand zur Stelle. 

Eine nie endende Baustelle

Sie lernten Haus Loburg vor mehr als 20 Jahren kennen. Wie erinnern Sie sich daran? 

Ich habe mich hier sofort wohlgefühlt und wusste, dass dies ein besonders schöner Ort ist. Die ersten Monate verbrachte ich auf dem Dachboden, um die ungezählten Dinge dort zu sortieren. Geprägt von der Armut des Krieges hatte die Familie alles aufgehoben: vom Topf mit einem Griff bis zu nie benutzten Haushaltsgeräten, weil die alten ja noch funktionierten. Diese Funde zeigten mir, wie bescheiden hier gelebt wurde. Am Anfang habe ich mir manchmal gewünscht, einfach nur in einer kleinen Wohnung ein Regal einzuräumen. Ich musste mich an das Haus gewöhnen. 

Wie meinen Sie das? 

Die Loburg ist ein wunderbares Haus, aber auch eine permanente Baustelle. Man arbeitet ein Leben lang daran. Als mein Mann 1992 hierherkam, ließ er zunächst die Fenster erneuern. Gemeinsam haben wir uns dann um die dringende Sanierung der Fassade gekümmert. Es gibt Ideen von damals, die bis heute nicht umgesetzt wurden, weil immer anderes Priorität hatte. Eine kaputte Leitung kann eben nicht warten. Wer hier lebt, denkt alternativ. In Loburg ist alles ein bisschen anders. 

Welches Beispiel fällt Ihnen dazu ein?

Im Haus gibt es keine einzige gerade Wand. Und in unserer Küche liegen drei verschiedene Arten von Böden: Dielen, schwarz-weiße Fliesen, Solnhofener Platten. Für manche wäre dieses Durcheinander wohl kaum zu ertragen. Ein alter Operationstisch, der 1945 aus den Trümmern des Hauses geholt wurde, ist heute unser Esstisch – mit einer neuen Holzplatte auf dem historischen Eisengestell.  

Was erfreut Sie an Ihrem Zuhause?

Im Innenhof der Loburg steht eine riesige alte Platane. Beim Laubharken denke ich: Wow, wenn dieser Baum erzählen könnte! Es wäre unglaublich zu hören, was sich hier schon abgespielt hat. Mit dem Haus leben wir einen Generationenvertrag: Nach unseren Schritten gehen unsere Kinder die nächsten. Jede Generation hat ihren Anteil an der Entwicklung des Hauses. Es ist viel Arbeit, ja. Aber die Freude daran überwiegt. 

Vom Stall zum Hofladen

Zu Haus Loburg gehört die Land- und Forstwirtschaft. Wie hat sie sich im Laufe der Zeit entwickelt? 

Loburg war lange ein eigenständiger Betrieb, auch mit Kühen und Schweinen. Später wurden die meisten Grundstücke verpachtet. Vor zehn Jahren änderten sich die Bedingungen – also bewirtschafteten wir die Flächen wieder selbst, diesmal biologisch. Mit der Forstwirtschaft sind wir nach Sachsen-Anhalt expandiert. Der Betrieb dort ist unser zweites Standbein und finanziert den Erhalt des Hauses mit. Wer auf Loburg lebt, muss immer etwas alternativ denken und handeln.

Im Herbst 2022 eröffneten Sie unweit des Hauses einen Hofladen. Wie ist die Idee entstanden? 

Als wir den Anbau auf biologisches Gemüse umstellten, sagte ich: Wenn der Betrieb eines Tages läuft, ist der nächste Schritt der Hofladen. Dieses Gebäude war früher ein Stall, über uns lag das Heu. Wir hatten es zunächst zur Waschkaue umgebaut. Hier landeten die Produkte von unseren Feldern in der Gemüsewaschmaschine, dort drüben war ein kleines Büro eingerichtet. Während der Corona-Pandemie wurden die Pläne zum Hofladen endlich konkreter. 

Sie verkaufen die unterschiedlichsten Produkte. Worauf achten Sie bei der Auswahl? 

Ein Produkt muss qualitativ gut sein – ob es sich nun um eine Tomate oder ein Holzobjekt handelt. Unsere Devise ist: Man gibt das Geld nur einmal aus. Ich kenne die Produzenten und kann meinen Kundinnen und Kunden zu jedem Produkt etwas über die Herkunft erzählen. Die Basis bilden das hier rundum wachsende Gemüse, unser Wild aus Sachsen-Anhalt und der Wein aus dem Gut unseres Neffen an der Nahe in Rheinland-Pfalz.

Was interessiert die Menschen an dem, was sie kaufen? 

Ich weiß, dass einige denken: Ökologische Landwirtschaft ist gut, konventionelle schlecht. Das lässt sich so pauschal allerdings nicht sagen. Tatsächlich handelt es sich um verschiedene Arten, und wir schauen bei der Zusammenstellung unseres Sortiments genau hin. Warum sollte ich eine Bio-Möhre aus Baden-Württemberg einkaufen, wenn sie hier vor meiner Nase auf dem Feld wächst? Ein anderes Beispiel ist Knoblauch, der zwei Kilometer von hier entfernt konventionell angebaut wird. Anfangs kamen Leute in den Laden und fragten: „Alles Bio?“ Nein, sagte ich, und erläuterte die regionalen Bezüge. Sie merkten, dass ich mit jedem Produkt etwas verbinde und es dafür kein Zertifikat braucht. Es geht mir auch um die Wertschöpfung von Produkten: Was kommt auf den Tisch, wie esse und wie genieße ich? 

Sind Sie zufrieden mit der Resonanz auf Ihren Hofladen? 

Der Laden ist zum Treffpunkt geworden, viele aus der Umgebung kaufen bei uns ein. Darüber freue ich mich sehr. In der Nachbarschaft heißt es: „Jetzt kaufen wir die Äpfel natürlich hier, bei Sophia.“ 

Mit dem Hofladen haben Sie den Traditionen rund um Haus Loburg etwas hinzugefügt. 

Tradition darf nicht bedeuten, Stillstand zu verwalten. Sie muss weiterentwickelt werden. Nur mit dieser Einstellung kann ein Hof langfristig überleben. In Loburg passiert immer etwas – ob nun ein Baum umfällt, die Schafe ausbrechen oder das Huhn die Eier woanders legt. Seit der Eröffnung halte ich Interessierte auf Instagram darüber auf dem Laufenden, was im Laden und auf dem Hof los ist. Wenn ich morgens die Augen öffne, gibt es bei uns sicher irgendeine Neuigkeit. Das ist ganz normal, vor allem aber sehr schön. 

Das Interview führte Christoph Schwartländer. 

Zur Person

Sophia Prinzessin zu Salm-Salm, geboren 1973, wuchs in der Nähe von Düsseldorf auf und studierte Agrarwissenschaft. Seit 2001 ist sie mit Franz Prinz zu Salm-Salm verheiratet. Das Ehepaar hat drei erwachsene Söhne. Die Familie bewohnt Haus Loburg privat. Die Kapelle des Herrenhauses ist ein beliebter Ort für standesamtliche Trauungen der Stadt Coesfeld. An jedem dritten Adventssonntag eines Jahres findet am Haus Loburg der Markt „Loburger Vielerlei“ statt. Alle Informationen zum Hofladen von Sophia Prinzessin zu Salm-Salm gibt es auf www.hofladen-loburg.de und Instragram unter „hofladenloburg“. 

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