Klimafolgen | Münsterland | Anpassung | Interview | Dr. Tobias Kemper
Gärtnern gegen den Klimawandel im Münsterland
© Shutterstock
Grün und aktiv
Gärtnern gegen Klimafolgen
Wein lässt sich wunderbar als Fassadenbegrünung nutzen.
© Münsterland e. V.
Klimafolgen

Der Klimawandel, seine Folgen und wie wir uns anpassen

Tobias Kemper
© Kemper

Mit dem fortschreitenden Klimawandel werden auch die Folgen bei uns im Münsterland immer spürbarer. Doch wie lassen sich das eigene Haus und der eigene Garten an vermehrte Hitzewellen, Trockenphasen und Starkregenereignisse anpassen? Wir haben darüber mit Dr. Tobias Kemper vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (ehemaliger Netzwerker für Klimafolgenanpassung) gesprochen.

Viel Grün für mehr Artenschutz: Informier dich im Video!

Zum Aktivieren dieses YouTube-Videos müssen Sie den Marketing-Cookies zustimmen.

Warum sind Klimafolgenanpassungs-maßnahmen bereits heute relevant?

Zunächst ist die Stärkung des Klimaschutzes enorm wichtig, um den Temperaturanstieg zu verlangsamen bzw. zu begrenzen. Allein in Nordrhein-Westfalen beträgt dieser Anstieg seit Beginn der Wetteraufzeichnungen bereits 1,5 Grad. Um allerdings mit dem Klimawandel umgehen zu können, müssen wir uns schon heute an seine Folgen anpassen. Mit dem Projekt Evolving Regions haben sich die Kreise Coesfeld und Steinfurt bereits auf den Weg gemacht, die Klimaanpassung im ländlichen Raum voranzutreiben.

Wie macht sich der Klimawandel bei uns bemerkbar?

Der Klimawandel ist bereits in vollem Gange und seine Folgen und Auswirkungen sind längst spürbar – auch in unseren Breiten. Das zeigen nicht zuletzt die letzten sehr warmen und überdurchschnittlich trockenen Jahre. Die verschiedenen Hitzewellen, aber auch die langen Trockenphasen haben sowohl Auswirkungen auf Mensch und Tier als auch auf unsere Natur. Das sieht man insbesondere in den Wäldern, aber auch in der Landwirtschaft. Hinzu kamen in den vergangenen Jahren zahlreiche schwere Unwetter, die mit Starkregen, Sturm und Hagel zu entsprechenden Schäden geführt haben. Wissenschaftler sind sich einig, dass diese sogenannten Extremwetterereignisse in Zukunft häufiger und heftiger auftreten und ausfallen werden. Tendenzen dazu sind bereits heute deutlich erkennbar. 

Wie wirkt sich der Klimawandel auf das Münsterland aus?

Auch hier ist weiterhin mit einer steigenden Anzahl an Starkregenereignissen zu rechnen, die überall im Land auftreten und dann an dem Ort, wo sie niedergehen, zu entsprechenden Überschwemmungen und Überflutungen führen können. In der Region war das etwa 2014 in Münster der Fall. Des Weiteren stellen die Hitzeproblematiken vor allem in den Stadtzentren sowie vermehrte Trockenphasen ein Problem dar. Es ist davon auszugehen, dass sich mit fortschreitendem Klimawandel extrem trockene und extrem nasse Phasen abwechseln werden. Mit beiden Extremen muss man bestmöglich umgehen.

Heiße Tage im Münsterland Heiße Tage im Münsterland
© Münsterland e.V./Philipp Fölting
Sonne im Münsterland
Zehn Tipps bei Hitze
Mehr erfahren...

Welche Folgen hat der Klimawandel für die Landwirtschaft im Münsterland und unsere Trinkwasserversorgung?

Für die landwirtschaftlich geprägte Struktur im Münsterland stellen insbesondere lange Trockenperioden eine Gefahr dar – das haben die Jahre 2018 und 2019 sehr deutlich gezeigt. Besonders im Frühjahr ist das problematisch, zumal die Vegetationsperiode durch den Klimawandel inzwischen im Durchschnitt zwei Wochen früher beginnt. Neben der Landwirtschaft, die einen hohen Wasserbedarf hat, kann unter Umständen in Teilregionen auch die Verfügbarkeit mit Trinkwasser ein Problem werden. Denn vielfach funktioniert die Trinkwasserversorgung über grundwassergebundene Brunnen. Hier entstehen dann im ungünstigen Fall auch Nutzungskonflikte zwischen gewerblichen und privaten Nutzern. Daher ist es wichtig, sich dieser möglichen Probleme frühzeitig bewusst zu werden und entsprechend Vorsorge zu leisten.

Einstellen auf den Klimawandel: Tipps für den nachhaltigen garten

Zur Anpassung an den Klimawandel bieten sich zunächst der eigene Garten sowie das Haus an. Hier lässt sich schon mit kleineren Maßnahmen viel erreichen:

Viel Grün: Begrünung und Bepflanzung führen grundsätzlich zu einer Verbesserung des Mikroklimas. Das bedeutet, dass die Temperatur rund um das Gebäude weniger stark ansteigt als bei grauen oder dunklen, versiegelten Flächen. Zudem fördert eine abwechslungsreiche Grüngestaltung mit Blumen und Sträuchern die biologische Vielfalt im Garten – denn dadurch erhalten Insekten einen notwendigen und teilweise knapp gewordenen Lebensraum.

Teiche: Auch Teiche sind sinnvoll, da die Verdunstung einen kühlenden Effekt für die Umgebung und somit den eigenen Garten hat.

Schattenspendende Bäume oder Überdachungen einzelner Teilbereiche zur weiteren Verbesserung der Aufenthaltsqualität und der Reduzierung von Hitze.

Keine oder wenige versiegelte Flächen: Ein aufgelockerter und wenig versiegelter Garten bietet die Möglichkeit, Niederschlagswasser aufzufangen oder es versickern zu lassen. Auch Zeiten, in denen es besonders viel regnet, können so abgepuffert werden und sogenanntes „wild abfließendes Oberflächenwasser“ kann verhindert werden.

Einsatz von Regentonnen oder Zisternen: So lässt sich das Niederschlagswasser nutzen, um die Pflanzen damit zu wässern. Das verringert den Wasserverbrauch. Zudem muss es nicht der Kanalisation zugeführt werden, was wiederum die Abwassergebühren senkt. Teilweise gibt es hierfür kommunale Förderprogramme.

Warum sind Steingärten nicht gut fürs Klima?

Schottergärten sind nicht nur „tote“ Bereiche, in denen wenig bis kein Leben möglich ist. Sie heizen auch den Bereich rund ums Gebäude unnötig auf und verhindern das Versickern von Niederschlagswasser. Der Temperaturunterschied in einem Steingarten gegenüber einem begrünten und verschatteten Garten kann im Sommer bis zu acht Grad betragen! Keine angenehme Aussicht, wenn man an eine Hitzewelle von 35 Grad und mehr denkt. Zudem speichern Steine die Wärme länger als Grünflächen. Diese geben sie dann nachts wieder ab und treten damit einer erholsamen Nachtruhe entgegen. Auch gesundheitliche Beeinträchtigungen sind daher nicht ausgeschlossen.

Wie schütze ich mein Haus vor Unwetterereignissen und hohen Temperaturen?

Bäume sollten bestenfalls so angepflanzt werden, dass sie bei späteren Sturmereignissen nicht auf das Haus fallen und somit für Schäden sorgen können. Niederschlagswasser sollte versickert oder gespeichert, in jedem Fall aber vom Gebäude weggeleitet werden. Das Gebäude ist grundsätzlich gegen eindringendes Oberflächenwasser aus dem Außenbereich zu sichern, das gilt insbesondere in Hanglagen. Kellerschächte sollten gesichert werden, zudem ist der es ratsam, keine ebenerdigen Eingänge zu bauen. Damit sich das Gebäude im Sommer nicht zu stark aufheizt, gibt es verschiedene Verschattungselemente. 

Tipp: Mehr Informationen dazu, wie du dich und dein Haus vor Starkregen und Hochwasser schützen kannst, hat der Kreis Borken in übersichtlichen Broschüren zusammengefasst. Auch die Stadt Oelde hat hierzu einen Flyer herausgegeben.

Was spricht für eine Dachbegrünung?

© Münsterland e.V.

Die Effekte von begrünten Dächern und auch Fassaden sind vergleichbar mit denen eines grünen Gartens. Einerseits schützen sie vor einer zusätzlichen Aufheizung, andererseits lässt sich so auch Niederschlagswasser (vor allem durch Dachbegrünung) zwischenspeichern. Durch die entsprechenden Verdunstungseffekte verbessert die Dachbegrünung das Mikroklima und somit auch die Aufenthaltsqualität im Wohnumfeld. Vor allem die Begrünung von Dächern ist aber in ihrer Ausprägung daran gebunden, welche Tragfähigkeit die jeweiligen Gebäudeteile haben. Insbesondere Garagen und Carports eigenen sich zumindest für eine Grundbegrünung. Auch die Effekte von begrünten Fassaden in Bezug auf die Aufheizung der Gebäudehülle sind nachweisbar. Wer seine Fassade nicht begrünen will, kann stattdessen helle Materialien verwenden. Diese reflektieren das Sonnenlicht und heizen sich weniger auf als dunkle Materialien. Das gilt nicht nur an der Fassade, sondern insbesondere auch in den weiterhin versiegelten Bereichen im Garten und rund ums Haus.

Es ist die Kombination verschiedener sich ergänzender Maßnahmen, die das Wohnumfeld in Zeiten des Klimawandels am effektivsten verbessert. Mittlerweile bieten auch im Münsterland immer mehr Kommunen ihren Bürgern Fördermittel an als Anreiz für die Begrünung von Dächern, Fassaden oder die Begrünung ansonsten grauer Flächen. Es lohnt sich zu prüfen, ob deine Kommune oder dein Kreis eine Förderung im Programm hat.

Noch mehr Klimaschutz

Münsterland ist Klimaland