Rodja Trappe | Pferdewirtschaft im Münsterland
Rodja Trappe
© Münsterland e.V./Cornelia Höchstetter
Rodja Trappe

Rodja Trappe im Porträt

Rodja Trappe
© Münsterland e.V./ Cornelia Höchstetter

Ein bisschen Immenhof und Silicon Valley

Rodja Trappe, 42 Jahre alt, ist echter Münsterländer: Seine Eltern zählen zu den Pionieren, die in den 1970er Jahren die Islandpferde in Deutschland bekannt machten. Rodja Trappe wuchs in Havixbeck auf dem Gestüt Brock mit 150 Islandpferden auf. Kleine Pferde, große Freiheit, fünf Gangarten, lange Mähnen: eine Prise Immenhof-Romantik wehte über den Münsterländer Baumbergen. Bei aller Pferde-Begeisterung entdeckte Rodja Trapp als Zwölfjähriger die Faszination der Computer. Er studierte in Koblenz Computervisualistik, forschte als Diplom-Informatiker und arbeitete als Software-Entwickler in Berlin. Mit seiner jungen Familie (heute drei Kinder) kehrte er zurück ins Münsterland und gründete 2012 das Unternehmen Zauberzeug GmbH, welches inzwischen 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das Team entwickelt IT-Lösungen, Apps und Roboter für Landwirtschaft und Pferdehaltung.

„Ich habe ein Faible für Robotik und für Islandpferde!“


Herr Trappe, Sie sind IT-Entwickler, Erfinder und Islandpferdefreund – und das alles im Münsterland. Passt das zusammen?

Das passt: Die Region und mein Aufwachsen sind ein gutes Argument für unsere IT-Produkte. Wenn ich erzähle, dass ich einen Roboter namens Active Cleaner entwickelt habe, der Pferdeäpfel einsammelt, und ich dann noch sage, dass ich aus dem Münsterland komme – dann ist das eben nicht irgendeine Region, sondern eine bekannte Pferderegion

Wie war denn Ihre Kindheit im Münsterland? 

Ich hatte eine tolle Kindheit, in der mein Bruder und ich viel ausprobierten. Mit den Pferden sind wir stundenlang im Wald ausgeritten. Richtung Hülshoff gab es richtige Canyons, um rauf und runter zu reiten. Ein bisschen Abenteuer war mir schon wichtig. Auf dem Pferdehof gab es ja alles, auch Werkzeug, um Buden zu bauen oder Fahrräder umzumontieren. Ich war viel in der Natur, habe gemalt und gezeichnet. Mit zwölf Jahren habe ich mir dann einen Computer gewünscht und bekommen. Der war State of the Art, ein 386er mit Farbbildschirm – und ich habe ihn erst einmal aufgeschraubt, um das Innenleben zu verstehen. Außerdem habe ich immer auf dem Pferdehof mitgearbeitet, Sonntagfrüh hatte ich Dienst – auch wenn Samstagabend Party war. Ich habe bei der Ernte geholfen, ausgemistet, war mit dem Trecker unterwegs und lernte so das Münsterland kreuz und quer abseits der Landstraßen kennen. 

So kennen Sie also die Arbeit auf den Höfen und in der Landwirtschaft aus eigener Erfahrung – hilft Ihnen das als Unternehmer und IT-Entwickler?

Das ist schon von Vorteil, denn dank des Landbezugs komme ich mit den Kunden und Landwirten gut ins Gespräch und kann verstehen, was sie meinen und kann die IT-Anwendungen in deren eigene Lebenswelt zurückführen. Ich genieße dank meiner Herkunft tatsächlich eine größere Glaubwürdigkeit. 

Welche Rolle spielt der Wirtschaftsfaktor Pferd im Münsterland?

Eine große. Die Pferdewirtschaft ist ja an erster Stelle eine Freizeitwirtschaft – auch wenn es natürlich den Sport und den Spitzensport hier gibt. Es gibt einfach so viele Höfe mit Pferden, und sehr unterschiedliche Höfe: Ponyhöfe, Pferdezucht, Dressur- oder Springställe und viele mehr. Wenn wir jetzt hier stehen, kann ich sagen: 500 Meter nach da (deutet aus dem Fenster und zeigt mit dem Finger über Felder und Wiesen) ist ein Pferdehof, 600 Meter nach da, 300 Meter da rüber stehen auch Pferde. Das ist schon ein wirtschaftlicher Faktor. Wir spüren das selber mit unserer Zauberzeug GmbH: Ich hatte genügend Testmöglichkeiten für unseren Stallreinigungs-Roboter Active Cleaner. Der wichtigste Testort war jedoch bei uns auf dem Hof – wo unsere Familie auch wohnt. Das kann ein Test auch mal mit Rückschlägen einhergehen, was völlig in Ordnung und akzeptiert ist. Da kommen meine Eltern ins Spiel, die selber gerne viel ausprobieren und von denen ich das wahrscheinlich geerbt habe.    

Erleben Sie das Münsterland als passende Region für Erfindungen von Robotern?

Ein ganz großer Pluspunkt ist Münster als Zentrum des Münsterlandes, mit der ziemlich starken Universität und sehr starken Fachhochschule, gerade für Maschinenbau. Für uns persönlich ein sehr wichtiger Anker, weil wir dort Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren. Oft Bachelor- oder Master-Studierende, die wir teilweise auch übernommen haben. Das ist eine Quelle für qualifiziertes Personal, was in der Region verwurzelt ist, bleiben möchte und die Idee mitträgt: Ich lebe im Münsterland und arbeite in einem Robotikunternehmen für die Landwirtschaft. Außerdem sind wir Mitglied im Verein Agrotech Valley Forum e.V. – die engagieren sich für Agrotechnik rund um Osnabrück und ausdrücklich auch im Münsterland, weil hier so viele Landwirtschaftsmaschinen-Hersteller und ähnliche Unternehmen sitzen. Auf deren Gemeinschaftsstand konnten wir uns dieses Jahr auch auf der Agritechnica präsentieren.

Unkraut vergeht nicht – von wegen! Ihr KI-gestützter Roboter Feldfreund rollt mit seinem bodenschonenden Raupenlaufwerk alleine über Äcker und Felder und kann dank seines Innenlebens mit Kamera und Präzisionswerkzeug jäten, Unkraut hacken, säen, inspizieren, analysieren oder ernten. Damit haben Sie den Innovationspreis Handwerk 2023 NRW des Landes Nordrhein-Westfalen gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet dieser Erfolg für Sie?

Das tut unglaublich gut und ist auf so vielen Ebenen schön: Ich selbst bin als Informatiker ins Handwerk reingerutscht, weil wir alles abbilden müssen – wir wollten ja einen Roboter bauen – das geht halt nicht, wenn man nur Software schreibt. Da gehören Handwerk, Metallkonstruktion, Maschinenbau, alles dazu. Deshalb ist das für uns ein Ritterschlag. Wir bauen die Maschinen so, dass sie ihren Zweck erfüllen. 

Video | Active Cleaner

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Ihre Firmengebäude im Holzrahmenbau mit bodentiefen Fenstern und Blick in die Landschaft stehen am Rande des Gewerbegebiets in Havixbeck, sozusagen direkt am Feldrand. Nutzen Sie die nahe Natur?

Tatsächlich treffe ich mich alle zwei Wochen mit einem Kollegen, wir wandern um die zweieinhalb Stunden, gern in den nahen Baumbergen, und wir reden über technische Dinge, über Landwirtschaft, was wir ändern wollen, was zu programmieren ist, welche Leute wir brauchen – das geht beim Laufen richtig gut. Und vom Schreibtisch aus sehe ich direkt ins Münsterland!

Haben Sie schon konkrete Zukunftsprojekte?

Ja – der Active Cleaner fährt mit Pferden im Auslauf, passt unter Zäune durch und ist sehr robust. Wir mussten deshalb die Kameras, die die Pferdeäpfel sichten, auf ein Stalldach packen. Deshalb funktioniert der noch nicht auf einer großen Weide außerhalb. Der Feldfreund dagegen fährt durch tiefen Boden, ist präzise und langsam. Uns schwebt eine Kombination vor: Quasi ein Roboter, der das Grünland abfährt und Sauerampfer oder Jakobskreuzkraut erkennt und eliminiert. Die Idee wäre ein kleiner KI-gesteuerter Roboter, der vor der Ernte eingesetzt für gute Heuqualität sorgt. Wir kriegen schon viele Anfragen dazu, das ist gerade im Werden.

Wir bedanken uns für das Gespräch und sind gespannt auf weitere Agrarroboter made im Münsterland!

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