Nena Sohr und Markus Rehers | Besondere Radfahrer aus dem Münsterland
In Wettringen mit dem Rad unterwegs: Nena Sohr und Markus Rehers
© Münsterland e.V./ Cornelia Höchstetter
Nena Sohr und Markus Rehers

Nena Sohr und Markus Rehers im Porträt

Nena Sohr und Markus Rehers in Wettringen
© Münsterland e.V./ Cornelia Höchstetter

Zwei aus Deutschlands fahrradfreundlichster Gemeinde

Nena Sohr und Markus Rehers rollen auf dem knallroten Radweg durch Wettringen. Die Arbeitskollegen aus dem Rathaus kümmern sich um den Fahrradverkehr der Gemeinde im nordwestlichen Münsterland. Mit Erfolg: Wettringen ist beim ADFC-Klimatest zum zweiten Mal zu „Deutschlands fahrradfreundlichster Gemeinde“ gewählt worden. So ist das Fahrrad für beide ein Lebensgefühl – im Beruf wie privat: Nena Sohr, 31, lebt in Rheine, studierte in Hamburg Maschinenbau und ist seit 2021 die Klimaschutzmanagerin in Wettringen – sie ist pragmatische Alltagsradlerin. Der gebürtige Wettringer Markus Rehers, 38, ist Diplom-Verwaltungswirt und seit 2016 Leiter der Bauverwaltung. Er fährt Kurzstrecken und Touren mit seinem Trekkingrad – und hat vor kurzem das Rennradfahren für sich entdeckt.

„In Wettringen sagen wir ‚Fietse‘ zum Fahrrad. Das kommt aus dem Plattdeutschen“


Frau Sohr, Herr Rehers, Wettringen ist Deutschlands fahrradfreundlichste Gemeinde. Was macht denn Wettringen alles richtig?

Markus Rehers: In Wettringen gibt es seit langem ein Radwegenetzplan, der kontinuierlich aktualisiert wird. Die Infrastruktur ist gut: Wir haben im Ortskern sichere und gut ausgeleuchtete Radwege, eine gute Führung der Radwege in die Nachbargemeinden, viele Fuß- und Radwegebrücken, die manche Strecke im Vergleich zur Autostrecke verkürzen. Alle Bushaltestellen in der Gemeinde haben Fahrradstellplätze, am zentralen Busbahnhof sind die überdacht. Ganz neu und seit Mai fertig ist das vom Kreis Steinfurt initiierte sogenannte „Triangel-Projekt“ für Pendler wie für Tourenfahrer: Wettringen und die Orte Ochtrup, Metelen, Steinfurt, Rheine sowie Neuenkirchen sind über 62 Kilometer auf Radwegen miteinander verbunden – teils führt die Strecke auf ehemaligen Bahntrassen. Kürzlich hat der Gemeinderat eine ein Kilometer lange Fahrradstraße beschlossen. 

Nena Sohr: Die Auszeichnung zur fahrradfreundlichsten Gemeinde kam ja von den Bürgerinnen und Bürger selbst – die haben ihren Ort über die Online-Befragung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) beim Klimatest 2022 so gut bewertet. Wir wissen nach einer Befragung zum Mobilitätsverhalten in 2022, dass die Wettringer etwa ein Drittel aller Wege mit dem Fahrrad zurücklegen. Für uns ist das ein Ansporn für die Zukunft: Wir denken da als weitere Maßnahme etwa an Mobilstationen, damit das Umsteigen zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln noch einfacher wird. 

Sie arbeiten beide im Rathaus – welche Rolle spielt das Fahrrad in Ihrem Beruf?

Nena Sohr: Fahrradfahren trägt zum Klimaschutz bei, ganz klar. Deshalb ist die Rolle des Fahrrads für mich als Klimaschutzmanagerin der Gemeinde bedeutsam. Und Fahrradfahren trägt zur Gesundheit der Radfahrerinnen und Radfahrer bei, gesellschaftlich ein großer Wert. In Wettringen wird deshalb immer fürs Fahrrad mitgedacht – wenn es irgendwo Förderungen gibt, schauen Markus Rehers und ich gemeinsam, was wir Neues machen können.

Markus Rehers: Die Gemeinde verfügt über Diensträder für unterschiedliche Zwecke – für Außentermine, die etwas weiter weg sind, gibt es sogar ein E-Dienstrad. Etwas Besonderes ist unser E-Lastenrad, das für die Leerung der öffentlichen Mülltonnen im Ortskern genutzt wird. Im Rathaus macht dazu jedes Jahr ein Team beim Stadtradeln mit und sammelt Kilometer.   

Welche Strecken fahren Sie privat mit dem Rad?

Nena Sohr: Ich wohne in Rheine – dort radle ich Alltagsstrecken zum Sport oder zum Besuch meiner Eltern.

Markus Rehers: Ich selber fahre bei jeder Witterung mit dem Rad zu privaten Besorgungen, zur Arbeit und zu dienstlichen Terminen im Ort – bin aber auch mit Familie und Freunden oft auf Tour. Im Monat komme ich bestimmt auf 120 Kilometer. Abgesehen davon habe ich das Rennrad für mich entdeckt – ich bin im Urlaub auf den Geschmack gekommen. Meine Freundin schenkte mir einen Gutschein für die Teilnahme beim Anfänger-Jedermannrennen des Sparkassen Münsterland Giro. Ehrlich gesagt habe ich noch ein bisschen Respekt davor, werde jetzt aber trainieren.

Routen-Tipps um Wettringen

Welches sind Ihre besten Routen- und Einkehrtipps?

Markus Rehers: Wettringen liegt an einigen Themenrouten: am Nordkurs der 100-Schlösser-Route – von hier ist man schnell in Bad Bentheim. Die Aa-Vechte-Tour folgt dem Wasser, das nächste Ziel ist etwa Burgsteinfurt. Die Ems-Heide-Weide-Tour ist ein Rundkurs von 107 Kilometern um Wettringen. Eine Spezialität bei uns sind die knapp 20 Hütten in den Bauerschaften rund um Wettringen – ehrenamtlich aus Naturmaterialien gebaut und gepflegt von nachbarschaftlichen Gruppen. So können Radfahrerinnen und Radfahrer unterm Dach picknicken oder einfach pausieren. Zum Kaffeetrinken fahren wir selber gerne zum Rothenberger Hofcafé der Familie Münning, mit weitem Ausblick und mit selbstgebackenen Kuchen. Ein anderes Ziel ist mittwochnachmittags das HeimatHaus in Wettringen: auch dort gibt es Kuchen, manchmal selbstgebackenes Brot und eine Handwerkerausstellung. Mit einem Herz ausgeschildert ist die Hiärtken-Tour (hochdeutsch: Herzchen-Tour): 50 Kilometer um Wettringen, auf der Strecke liegen die Offlumer und Haddorfer Seen. 

Was macht das Münsterland für Sie persönlich als Radregion aus?

Nena Sohr: Man wird hier mit dem Fahrrad groß – es gehört einfach dazu. Meine Eltern sind zum Beispiel immer mit dem Rad zur Arbeit gefahren. In der Jugend hat man ohne Führerschein auf dem Land wenig Alternativen, als mit dem Rad irgendwo hinzukommen. Die Akzeptanz der Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer ist hier groß. Wenn ich das mit Hamburg vergleiche: Da schimpfen die Radfahrerinnen und Radfahrer über die Autofahrerinnen und Autofahrer und umgekehrt. Das erlebe ich hier so gut wie nie. Das Fahrrad gehört zur Mobilität im ländlichen Raum dazu – weil die Infrastruktur sowohl für Urlauberinnen und Urlauber als auch für Alltagsfahrerinnen und Alltagsfahrer gut ist, weil es einfach von der Topographie eben und damit einfacher zum Fahren ist und weil es ein Stück Unabhängigkeit gibt. 

Wie wird das fahrradfreundliche Wettringen in Zukunft aussehen?

Nena Sohr: Es wird auf jeden Fall im Ortsbild noch bunter, denn es gibt für jeden das individuell passende Fahrrad: Trekkingräder, Gravelbikes, Fixis, alle möglichen Arten von Lastenrädern, Rennrädern und natürlich nach wie vor die Hollandräder. Geplant ist auch ein Pumptrack für BMX-Räder – die Jugendlichen haben sich das gewünscht und beim Bürgermeister vorgesprochen. So wünschen wir uns das: ein typisches Bottom-Up-Projekt, das aus der Bevölkerung kommt.  

Vielen Dank für das Gespräch und allzeit gute Fahrt!